Vom Abbau und der Gewinnung von Rohstoffen bis zum fertigen Endprodukt ist es oft ein langer und schwieriger Weg. Der Grund: Die Produktion und Distribution von Gütern vollzieht sich entlang komplexer globaler Lieferketten mit unzähligen Lieferant:innen, Zulieferer:innen und Produktionsstätten. Wie könnte also die steigende Komplexität von Lieferketten in einer zunehmend globalisierten Marktwirtschaft kontrolliert werden? Und wie können dabei zugleich Nachhaltigkeitsziele und Menschenrechte bewahrt werden?
Rückverfolgbarkeit von Lieferketten
Mit der Verabschiedung des Lieferkettengesetzes in Deutschland wird global agierenden deutschen Unternehmen ab dem 1. Januar 2023 ein gesetzlicher Rahmen zur Erfüllung von menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten gegeben. Die EU-Kommission hat ebenso bereits einen Vorschlag für eine Richtlinie zu einem europäischen Lieferkettengesetz auf den Weg gebracht. Durch diese Regelungen sollen Missstände auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene in den produzierenden Ländern offengelegt und aktiv eingedämmt werden.
Oft haben Unternehmen jedoch immer noch Schwierigkeiten, die verschiedenen Sub-Lieferanten und die genaue Herkunft von Rohstoffen oder Produktteilen vollständig und sicher zurückzuverfolgen. Dies soll sich in Zukunft ändern.
Für die Umsetzung der Nachverfolgbarkeit von Produktions- und Lieferketten bietet die Blockchain-Technologie ein großes Potenzial. Sie ermöglicht, Vorgänge und Transaktionen manipulationssicher und lückenlos zu dokumentieren, indem Daten in einer dezentralen, verteilten Datenbank gespeichert werden. Jeder Prozessschritt in der Lieferkette kann so erfasst werden und der Weg eines Produktes nachvollzogen werden.
Günstige Rahmenbedingungen und große Potentiale
Welchen Stellenwert die Blockchain-Technologie im Bereich Supply Chain hat, zeigte sich auch auf der diesjährigen Blockchain-in-use Conference. Im Rahmen der vom BerChain e.V. und der Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH initiierten Veranstaltung wurden in einem Sustainability Track verschiedene Blockchain-Use Cases im Bereich Nachhaltigkeit und Lieferketten diskutiert. Die Expert:innen Andreas Hartl (BMWi), Sven Wittich (AFTS), Nathan Williams (Minespider), Mariana de la Roche Wills (IOTA Foundation) und Eric Somitsch (SAP) beleuchteten dabei ökologische und soziale Aspekte sowie politische und europäische Dimensionen der Anwendung der Blockchain-Technologie.
Andreas Hartl vom BMWi eröffnete das digitale Panel mit einer einleitenden Präsentation, in der er die positive Entwicklung im hinsichtlich der geschaffenen Rahmenbedingungen für den Einsatz von Blockchain hervorhob. Mit der Errichtung des European Blockchain Partnerships, den OECD-Richtlinien und den Einführungen von nationalen Blockchain-Strategien seien Grundlagen für die Anwendung von weitreichenden Use Cases geschaffen worden. Besonders der Bereich Supply Chain bietet großes Potenzial, so Andreas Hartl:
„Wenn es um Lieferketten geht, denke ich, dass dies ein weiterer attraktiver Bereich ist, in dem Blockchain-Use-Cases eine Rolle spielen können. Ich sehe wirklich eine große Chance darin, zu zeigen, dass Blockchain Teil der Lösung für Klima- und Nachhaltigkeitsprobleme sein kann.“
AFTS
Wie diese Use Cases aussehen können und wie sie genau funktionieren, präsentierte der Chief Sales Officer Sven Wittich vom Berliner Unternehmen AFTS (= Assured Farm to Shelf). Mit einer Blockchain-basierten „Track & Trace“-Plattform digitalisiert das Unternehmen die Lieferketten ihrer Kunden von der Quelle bis zum Endprodukt. So können die nachhaltigen Eigenschaften der Produkte überprüft werden. Mittels QR-Code können die einzelnen Akteur:innen in der Lieferkette Produkte scannen und so Informationen abrufen und selbst hinzufügen. Alle Transaktionsdaten werden mit einem Zeitstempel auf der Blockchain gesichert und sind danach nicht mehr veränderbar. Durch die vollständige Transparenz der Prozesse hilft AFTS seinen Kund:innen die Sustainable Developement Goals (SDGs) (dt. Nachhaltigkeitsziele) einzuhalten und ein nachhaltiges Ressourcenmanagement zu betreiben.
Minespider
Das Ziel, nachhaltige und transparente Lieferketten zu schaffen, verfolgt auch das Unternehmen Minespider. Gründer Nathan Williams sprach in seiner Keynote über den Einsatz von Produktpässen und erläutert die Anwendung von Minespider:
“Wir haben die Daten in so genannten Materialpässen zusammengestellt und sie nach Sichtbarkeit in drei verschiedene Layers unterteilt. Wir verschlüsseln jeden einzelnen Layer symmetrisch und verschlüsseln dann die Keys zu diesen Layers asymmetrisch mit dem Public Key des Datenbesitzers.”
Minespider ermöglicht die Überwachung industrieller Lieferketten und die Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen mithilfe von digitalen Materialausweisen. Entlang der Lieferkette werden Compliance-, Rechts- und Nachhaltigkeitsdaten erfasst und auf einer Blockchain-basierten Plattform gesichert.
Über diese können ausgewählte Daten aus den Produktpässen mit den verschiedenen Akteur:innen der Lieferkette geteilt werden. Durch das kontinuierliche Monitoring ist es möglich, die ordnungsgemäße Beschaffung von industriellen Ressourcen (wie etwa Mineralien) besser zu kontrollieren und zu steuern.
Die Expert:innen des Sustainability Tracks signalisierten durch ihre Vorträge ein deutliches Zeichen: Blockchain-basierte Anwendungen sind ein essentieller Bestandteil einer globalen und zukunftsorientierten Lösungsstrategie, um nachhaltige Wirtschaft mit Einsatz digitaler Technologien zu fördern.
Alle Präsentationen der Speaker:innen und die Aufzeichnung des "Blockchain in Use 2021 Sustainability Tracks" der Blockchain in Use Conference finden Sie hier: